Rechtsprechung zum Beamtenrecht: Familienzuschlag
Ausgangspunkt ist bei der Frage, ob auch der geschiedene Ehegatte noch Familienzuschlag erhält, die jeweilige gesetzliche Regelung, die zum Beispiel in Hamburg wie folgt lautet:
§ 45 Besoldungsgesetz der Hansestadt Hamburg: Stufen des Familienzuschlags
(1) Zur Stufe 1 gehören Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter, wenn sie
1. ...
5. geschieden sind oder ihre Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft aufgehoben oder für nichtig erklärt ist, wenn sie aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft zum Unterhalt verpflichtet sind, ...
(1) Zur Stufe 1 gehören Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter, wenn sie
1. ...
5. geschieden sind oder ihre Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft aufgehoben oder für nichtig erklärt ist, wenn sie aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft zum Unterhalt verpflichtet sind, ...
Vor diesem Hintergrund ist die nachstehende Entscheidung zu sehen, die sich aber natürlich nicht unmittelbar auf das erst später erlassene hamburgische Besoldungsgesetz bezieht.
VGH Baden-Württemberg, Entscheidung vom 09.09.03 - 4 S 793/02
Es besteht kein Anspruch auf Gewährung des Familienzuschlages der Stufe 1, wenn sich der Beamte verpflichtet hat, seiner geschiedenen Ehefrau eine Kapitalabfindung zur Erfüllung seiner ihr gegenüber bestehenden Unterhaltspflicht zu zahlen.
Der geschiedene Kläger begehrt weiter Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG, da er sich in einem gerichtlichen Vergleich seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber in Erfüllung der fortbestehenden Unterhaltspflicht zur Zahlung einer Kapitalabfindung verpflichtet habe.
Das Berufungsgericht entscheidet gegen den Beamten:
Der Kläger hat auf der Grundlage des allein in Betracht kommenden § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG keinen Anspruch auf die Gewährung von Familienzuschlag der Stufe 1 mehr.
Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Beamte seiner geschiedenen Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet ist. Was als Unterhaltsverpflichtung im Sinne der genannten Bestimmung zu verstehen ist, richtet sich nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Danach ist der Kläger nicht zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet.
Nach §§ 1569, 1585 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 1585 c BGB können Ehegatten über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung die Vereinbarung treffen, dass statt einer Unterhaltsrente eine Abfindung in Kapital gezahlt wird, welche die Unterhaltspflicht zum Erlöschen bringt. Dies hat das BVerwG (NJW 2003, 1886) unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.
Von der Möglichkeit einer Kapitalabfindung zur Beendigung der Unterhaltspflicht haben der Kläger und seine damalige Ehefrau mit dem vor dem Amtsgericht geschlossenen Vergleich Gebrauch gemacht. Die darin vorgesehene Kapitalabfindung sollte nach dem erklärten Willen der Vertragspartner den Unterhaltsanspruch der Ehefrau bis zum Erreichen ihres 65. Lebensjahres zum Erlöschen bringen (§ 1585 Abs. 2 BGB). Das ist mit der Zahlung des Betrags durch den Kläger geschehen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Unterhaltspflicht des Klägers ist außerdem dadurch weggefallen, dass seine Ehefrau in dem Vergleich ausdrücklich auf jeglichen weiteren Unterhalt nach der Vollendung ihres 65. Lebensjahres verzichtet hat. Dieser Verzicht ist wirksam, denn Ehegatten können im Rahmen der ihnen nach § 1585 c BGB zustehenden Vertragsfreiheit den gesetzlichen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ausschließen.
Die Ansicht des Klägers, die Kapitalabfindung betreffe nur die Art der Unterhaltsgewährung und lasse die Unterhaltsverpflichtung der früheren Ehefrau dem Grunde nach fortbestehen, trifft nicht zu.
Da der Kläger folglich nach dem bürgerlichen Recht nicht mehr zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet ist, hat er keinen Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1.
Entgegen der Auffassung des VG ist die zur Anwendung des § 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich - Versorgungsausgleichshärtegesetz (VAHRG) - ergangene Rechtsprechung, nach der ein Anspruch auf Unterhalt auch dann angenommen wird, wenn der Berechtigte durch eine Vereinbarung nach § 1585 c BGB auf Unterhaltsleistungen gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet hat (vgl. BVerwGE 109, 231; BGHZ 126, 202), auf Fälle der vorliegenden Art nicht übertragbar. Dies hat das BVerwG in seiner Entscheidung vom 30.04.03 (a.a.O.) ausdrücklich klargestellt.
Aus der Auslegung des § 5 VAHRG lässt sich nichts für das Verständnis des Merkmals »aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet« in § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG gewinnen. Diese Vorschrift kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Stufe 1 des Familienzuschlags auch dann zu zahlen ist, wenn Ansprüche auf laufende Unterhaltszahlungen durch eine Kapitalabfindung abgelöst worden sind, für die der geschiedene Beamte neue Verbindlichkeiten eingehen musste oder die ihn durch den Wegfall der Kapitalerträge wirtschaftlich belasten. Das wäre schon mit dem Wortlaut der Bestimmung nicht vereinbar, der nicht erkennen lässt, dass der Besoldungsgesetzgeber von dem familienrechtlichen Begriff der »Verpflichtung zum Unterhalt«, wie er in den §§ 1569 ff. BGB seinen Ausdruck gefunden hat, hat abgehen wollen. Die gegenteilige Interpretation würde auch dem Zweck der Vorschrift widersprechen, wegen der Alimentationspflicht gegenüber der Beamtenfamilie der fortbestehenden unterhaltsrechtlichen Bindung zwischen den geschiedenen Ehegatten und der dadurch bewirkten erhöhten laufenden Unterhaltsbelastung des Beamten Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, NJW 2003, 1886). Dementsprechend muss eine monatliche Unterhaltsverpflichtung des Beamten - anders als bei der Pauschalregelung des § 5 VAHRG - mindestens in der Bruttodifferenz zwischen den Zuschlagsstufen bestehen, um den Anspruch auf die höhere Stufe des Familienzuschlags zu rechtfertigen. An einer solchermaßen fortbestehenden Unterhaltsverpflichtung fehlt es hier jedoch. Es verstößt schließlich nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber die Familienzuschlagsstufen anders als die Kürzung der Versorgung nach § 5 VAHRG nicht an die vielfach denkbaren materiellen Belastungen nach einer Ehescheidung knüpft, sondern an den leicht feststellbaren Tatbestand einer aktuell gegebenen Unterhaltsverpflichtung (vgl. BVerwG, NJW 2003/1886).
Es besteht kein Anspruch auf Gewährung des Familienzuschlages der Stufe 1, wenn sich der Beamte verpflichtet hat, seiner geschiedenen Ehefrau eine Kapitalabfindung zur Erfüllung seiner ihr gegenüber bestehenden Unterhaltspflicht zu zahlen.
Der geschiedene Kläger begehrt weiter Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG, da er sich in einem gerichtlichen Vergleich seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber in Erfüllung der fortbestehenden Unterhaltspflicht zur Zahlung einer Kapitalabfindung verpflichtet habe.
Das Berufungsgericht entscheidet gegen den Beamten:
Der Kläger hat auf der Grundlage des allein in Betracht kommenden § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG keinen Anspruch auf die Gewährung von Familienzuschlag der Stufe 1 mehr.
Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Beamte seiner geschiedenen Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet ist. Was als Unterhaltsverpflichtung im Sinne der genannten Bestimmung zu verstehen ist, richtet sich nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Danach ist der Kläger nicht zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet.
Nach §§ 1569, 1585 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 1585 c BGB können Ehegatten über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung die Vereinbarung treffen, dass statt einer Unterhaltsrente eine Abfindung in Kapital gezahlt wird, welche die Unterhaltspflicht zum Erlöschen bringt. Dies hat das BVerwG (NJW 2003, 1886) unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.
Von der Möglichkeit einer Kapitalabfindung zur Beendigung der Unterhaltspflicht haben der Kläger und seine damalige Ehefrau mit dem vor dem Amtsgericht geschlossenen Vergleich Gebrauch gemacht. Die darin vorgesehene Kapitalabfindung sollte nach dem erklärten Willen der Vertragspartner den Unterhaltsanspruch der Ehefrau bis zum Erreichen ihres 65. Lebensjahres zum Erlöschen bringen (§ 1585 Abs. 2 BGB). Das ist mit der Zahlung des Betrags durch den Kläger geschehen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Unterhaltspflicht des Klägers ist außerdem dadurch weggefallen, dass seine Ehefrau in dem Vergleich ausdrücklich auf jeglichen weiteren Unterhalt nach der Vollendung ihres 65. Lebensjahres verzichtet hat. Dieser Verzicht ist wirksam, denn Ehegatten können im Rahmen der ihnen nach § 1585 c BGB zustehenden Vertragsfreiheit den gesetzlichen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ausschließen.
Die Ansicht des Klägers, die Kapitalabfindung betreffe nur die Art der Unterhaltsgewährung und lasse die Unterhaltsverpflichtung der früheren Ehefrau dem Grunde nach fortbestehen, trifft nicht zu.
Da der Kläger folglich nach dem bürgerlichen Recht nicht mehr zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet ist, hat er keinen Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1.
Entgegen der Auffassung des VG ist die zur Anwendung des § 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich - Versorgungsausgleichshärtegesetz (VAHRG) - ergangene Rechtsprechung, nach der ein Anspruch auf Unterhalt auch dann angenommen wird, wenn der Berechtigte durch eine Vereinbarung nach § 1585 c BGB auf Unterhaltsleistungen gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet hat (vgl. BVerwGE 109, 231; BGHZ 126, 202), auf Fälle der vorliegenden Art nicht übertragbar. Dies hat das BVerwG in seiner Entscheidung vom 30.04.03 (a.a.O.) ausdrücklich klargestellt.
Aus der Auslegung des § 5 VAHRG lässt sich nichts für das Verständnis des Merkmals »aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet« in § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG gewinnen. Diese Vorschrift kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Stufe 1 des Familienzuschlags auch dann zu zahlen ist, wenn Ansprüche auf laufende Unterhaltszahlungen durch eine Kapitalabfindung abgelöst worden sind, für die der geschiedene Beamte neue Verbindlichkeiten eingehen musste oder die ihn durch den Wegfall der Kapitalerträge wirtschaftlich belasten. Das wäre schon mit dem Wortlaut der Bestimmung nicht vereinbar, der nicht erkennen lässt, dass der Besoldungsgesetzgeber von dem familienrechtlichen Begriff der »Verpflichtung zum Unterhalt«, wie er in den §§ 1569 ff. BGB seinen Ausdruck gefunden hat, hat abgehen wollen. Die gegenteilige Interpretation würde auch dem Zweck der Vorschrift widersprechen, wegen der Alimentationspflicht gegenüber der Beamtenfamilie der fortbestehenden unterhaltsrechtlichen Bindung zwischen den geschiedenen Ehegatten und der dadurch bewirkten erhöhten laufenden Unterhaltsbelastung des Beamten Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, NJW 2003, 1886). Dementsprechend muss eine monatliche Unterhaltsverpflichtung des Beamten - anders als bei der Pauschalregelung des § 5 VAHRG - mindestens in der Bruttodifferenz zwischen den Zuschlagsstufen bestehen, um den Anspruch auf die höhere Stufe des Familienzuschlags zu rechtfertigen. An einer solchermaßen fortbestehenden Unterhaltsverpflichtung fehlt es hier jedoch. Es verstößt schließlich nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber die Familienzuschlagsstufen anders als die Kürzung der Versorgung nach § 5 VAHRG nicht an die vielfach denkbaren materiellen Belastungen nach einer Ehescheidung knüpft, sondern an den leicht feststellbaren Tatbestand einer aktuell gegebenen Unterhaltsverpflichtung (vgl. BVerwG, NJW 2003/1886).
Ebenso Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.01.03, ZBR 2004, 54.
Auch die folgende Entscheidung kommt zum gleichen Ergebnis:
VGH München, Beschluss v. 10.05.21 – 3 ZB 20.759 -
"Ein geschiedener Beamter erhält den Familienzuschlag Stufe 1 nur dann, wenn er an seinen geschiedenen Ehepartner
l a u f e n d e Unterhaltsleistungen erbringt, nicht jedoch im Falle der Gewährung einer einmaligen Abfindungszahlung (BayVGH, Beschlussl vom 14.02.11 - 14 B 10.567 - Rn. 24, 27 zu § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBesG; OVG MV, Beschlussl vom 23.01.04 - 2 L 91/03 - Rn. 5; VG Ansbach, Urteil vom 07.05.20 - AN 1 K 19.00948 - Rn. 46).
Mit dem Verzicht auf den Anspruch auf jeglichen nachehelichen Unterhalt gegen Zahlung einer Kapitalabfindung erlischt das gesetzlich begründete Schuldverhältnis zwischen Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsschuldner, denn die Kapitalabfindung tritt an die Stelle der laufend zu zahlenden Geldrente (z.B. OVG NW, Urteil vom 26.02.07 - 1 A 2089/05 - juris Rn. 63)."